Harninkontinenz (Blasenschwäche)

Der Begriff Harninkontinenz bedeutet einen nicht willentlich kontrollierten Urinabgang aus der Blase. Früh erlerntes, kontrolliertes Harnlassen ist unweigerlich mit sozialer Fähigkeit einer Person verbunden. Darum leiden unter Harninkontinenz betroffene Personen besonders unter Ausgrenzung und eingeschränkter Lebensqualität.

Blasenschwäche Blasenschwäche ist ein nicht willentlich kontrollierter Urinabgang aus der Blase. (Foto by: Lynx_aqua / Depositphotos)

Schnell-Übersicht

  • Was ist Harninkontinenz: Bei einer Blasenschwäche hat die Harnblase keine Kontrolle über die Zurückhaltung und Auslassung des Urins.
  • Ursachen: Mögliche Ursachen sind ein instabiler Blasenmuskel, eine Infektion der Harnwege (Blasenentzündung), Demenzerkrankungen, Harnwegssteine, ein schwaches Bindegewebe, psychische Belastungen, oder einfach nur das Alter und weitere Gründe.
  • Behandlung: Ein Arzt kann spezielle Medikamente gegen das Leiden verschreiben. Jedoch gibt es auch Beckenbodenübungen , die jeder machen kann um die Muskulatur wieder zu stärken.
  • Vorbeugung: Beckenbodenübungen können auch vorbeugend wirken. Ebenso wichtig ist die Verringerung von Übergewicht, der Verzicht auf Rauchen, viel Flüssigkeit über den Tag und regelmäßiger Sport, oder Yoga.

Was ist Harninkontinenz?

Bei einer Harninkontinenz oder Blasenschwäche (lat.: Incontinentia urinae) kann Urin in der Harnblase nicht gespeichert werden. Es ist das Nichterlernen bzw. man hat nicht die Fähigkeit dazu den Ort der Entleerung bzw. den Zeitpunkt zu bestimmen. Die Harninkontinenz kann sowohl Männer als auch Frauen betreffen.

Eine Harninkontinenz ist Zeichen einer funktionellen oder anatomischen Störung. In unserer Gesellschaft hat die Sauberkeit einen hohen Stellenwert. Inkontinenz rührt daher häufig zur sozialen Isolation, da viele mit dieser Krankheit aus Scham überhaupt keinen Arzt (Urologe, Gynäkologe) aufsuchen.

Arten der Harninkontinenz

1. Die Dranginkontinenz

Bei dieser Form wird der Harnverlust von starkem Harndrang begleitet, obwohl die Harnblase nicht ganz gefüllt ist. Als Ursache dafür kommen Erkrankungen der Blase, Muskulaturabbau oder eine Bindegewebsschwäche durch das Alter infrage.

2. Die Belastungs- und Stressinkontinenz

Davon sind überwiegend Frauen betroffen. Bei dieser Form tritt Harnverlust aufgrund von Belastung wie Heben, Niesen oder Tragen, ohne vorherigen Harndrang, auf. Kleine Urinmengen werden dabei abgegeben. Als häufige Ursache für eine Belastungsinkontinenz kann eine Schwangerschaft genannt werden.

3. Die Reflexinkontinenz

Bei dieser Art der Harninkontinenz führt eine unwillkürliche Kontraktionen der Blasenwandmuskulatur zu Harnverlust, ohne vorherigem Harndrang.

4. Die Überlaufinkontinenz

Diese Form der Harninkontinenz kommt häufig bei Männern vor. Dabei ist das willkürliche Entleeren der Harnblase schwierig, ein Restharn verbleibt in der Blase, der dann unwillkürlich abgeht. Gründe für eine Überlaufinkontinenz können Unterleibsverletzungen, Vernarbungen, neurologische Störungen sein. In vielen Fällen ist eine vergrößerte Vorsteherdrüse der Grund, da diese auf die Harnröhre drückt.

5. Die extraurethrale Harninkontinenz

Dabei handelt es sich um seltene Form der Harninkontinenz, die meist angeboren ist. Der Harn geht über sogenannte Fisteln ab, die sich im Inneren des Körpers bilden.

6. Die Lach-Inkontinenz

Hierbei sind betroffene Personen nicht in der Lage beim Lachen den Urin zurückzuhalten, wobei zuvor kein Harndrang wahrgenommen wird. Diese Form der Harninkontinez kann auch bei einer gesunden Blase und bereits im Kindesalter auftreten.

Wie viele Menschen von einer Harninkontinenz betroffen sind, lässt sich schwer beziffern, da es sich leider noch immer um ein Tabuthema handelt.

Die Ursachen einer Harninkontinenz

Gründe für den unwillkürlichen Harnverlust können sein:

  • Ein instabiler Blasenmuskel, sog. Detrusor
  • Infektionen in den Harnwegen, wie eine Blasenentzündung
  • Tumore in den ableitenden Harnwegen oder der Blase
  • Multipler Sklerose
  • Demenzerkrankungen (wie Alzheimer)
  • Hirntumor
  • Nach einem Schlaganfall
  • Harnwegssteine oder Blasensteine
  • Parkinson-Erkrankungen
  • Eine gutartige Prostatavergrößerung
  • Eine Schädigung der Nerven, wie einer autonomen Neuropathie aufgrund von Diabetes mellitus
  • Weiters können Medikamente (Antidepressiva, Blutdruckmittel, Neuroeleptika, etc.) oder Alkoholkonsum eine Harninkontinenz verstärken
  • Eine Geburt, wobei die Beckenbodenmuskulatur geschwächt wird
  • schwaches Bindegewebe
  • Verstopfung des Darms
  • psychische Probleme (Depression, Stress,...)
  • Alter

Untersuchung und Diagnose einer Harninkontinenz

Obwohl es schwer fällt, ist es wichtig sich dem Arzt zu offenbaren. Nur so kann Harninkontinenz erfolgreich behandelt werden.

Anamnese

Vorerst erfolgt eine Anamnese, wobei sich der Arzt über eventuelle Vorerkrankungen, die Häufigkeit und Menge des Harnverlustes erkundigt. Ein Blasentagebuch das zwei Tage lang geführt wird, kann dem Arzt wichtige Informationen liefern.

Körperliche Untersuchung

Zur weiteren Diagnostik von Harninkontinenz zählen die Untersuchung von Unterbauch und Genitalbereich. Auch eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) und Harnuntersuchung werden durchgeführt.

Überweisung zu einem Facharzt

Besteht der Verdacht auf eine Harninkontinenz, so wird der Hausarzt zu einem Facharzt (zum Beispiel Urologe) überweisen. Hierbei können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um eine Harninkontinenz weiterführend abzuklären. Durch spezielle Untersuchungen werden die Blasen- und Schließmuskelfunktion beurteilt und somit kann ein passendes Behandlungsverfahren eingeleitet werden.

Behandlung und Therapie bei Harninkontinenz

Beckenbodentraining Ein Beckenbodentrainig ist unter anderem für einen starken Beckenboden wichtig. (Foto by: lunamarina / Depositphotos)

Eine Blasenschwäche kann gut behandeln; wichtig ist es, dass man so zeitig wie möglich einen Arzt aufsucht. Je eher man mit der geeigneten Behandlung beginnt, desto besser stehen die Chancen, dass die Symptome der Harninkontinenz ganz verschwinden oder sich zumindest wesentlich verbessern.

Beckenbodengymnastik

Egal ob man an einer Belastungs-, Stressinkontinenz oder einer Dranginkontinenz leidet - das Beckenbodentraining hilft, gezielt die Muskulatur des Beckenbodens aufzubauen. Sowohl einige Physiotherapeuten als auch Fitness-Studios bieten entsprechende Kurse an.

Eine Möglichkeit, zu kontrollieren, ob dieses Training bei Harninkontinenz tatsächlich effektiv ist, ist das sogenannte Biofeedbacktraining. Hierbei wird wahlweise in den Enddarm oder in die Scheide eine kleine Sonde platziert, die misst, ob die Muskeln richtig angespannt werden. Diese Therapiemöglichkeit ist leider recht langwierig: Unbedingt müssen die Übungen regelmäßig und auch über einen längeren Zeitraum ausgeführt werden, ehe sich erste Erfolge einstellen.

Das Beckenbodentraining kann natürlich ebenso von gesunden Menschen angewandt werden, denn es kann helfen, einer Harninkontinenz vorzubeugen.

Eine Alternative zum Beckenbodentraining ist die Elektrotherapie, bei welcher der Beckenboden mit Hilfe von elektrischen Impulsen stimuliert wird und somit einer Harninkontinenz vorgebeugt werden kann.

Medikamente

Mittlerweile gibt es einige Medikamente, die gut bei einer Harninkontinenz helfen. Bei einer Belastungsinkontinenz werden beispielsweise gerne Tabletten mit dem Wirkstoff Duloxetin verabreicht.

Handelt es sich hingegen um eine Dranginkontinenz, können Anticholinergika sehr hilfreich sein. Diese bewirken, dass die Blase in ihrer Aktivität gedämmt wird; allerdings tritt der Erfolg frühestens nach vier Wochen ein. Bedenken sollte man, dass alle Medikamente auch unerwünschte Nebenwirkungen haben können.

Verhaltenstherapie

Unter einer Verhaltenstherapie versteht man nichts anderes als das Erlernen einer regelmäßigen Blasenentleerung. Auch das Trinkverhalten muss vom Patienten erlernt werden. Menschen mit einer Harninkontinenz neigen dazu, über den Tag verteilt viel zu wenig zu trinken. Daher müssen sie lernen, dass eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr auch bei einer Inkontinenz wichtig ist. Vermeiden sollten diese allerdings eine zu hohe Koffeinzufuhr sowie Getränke mit viel Kohlensäure.

Operation

Eine Operation sollte stets die letzte Möglichkeit bei einer Harninkontinenz sein. Erst wenn alle vorgenannten Therapien nicht den gewünschten Erfolg zeigen und die Lebensqualität des Patienten stark eingeschränkt ist, wird man sich für eine solche entscheiden.

Bei Männern wird meist der künstliche Schließmuskel gewählt, um die Harninkontinenz zu behandeln. Bedenken Sie jedoch, dass es sich hierbei um eine Operation mit einem hohen Infektionsrisiko handelt; auch müssen die Materialien spätestens nach zehn Jahren ausgetauscht werden.

Bei Frauen mit einer Belastungsinkontinenz hat sich hingegen die Schlingenoperation bewährt. Unter die Harnröhre wird ein Band aus Kunststoff gesetzt, welches die Harnröhre optimal stützt. Voraussetzung für diese Operation ist, dass der Schließmuskel noch richtig funktioniert. Dieser Eingriff ist mit recht wenigen Risiken verbunden und wird teilweise sogar nur unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Auch bei Frauen ist der Einsatz eines künstlichen Schließmuskels möglich.

Prävention bzw. Linderung einer Harninkontinenz

  1. Beckenbodenmuskulatur mit speziellen Übungen stärken.
  2. Eventuelles Übergewicht reduzieren.
  3. Auf das Rauchen verzichten.
  4. Harnwegsinfektionen vermeiden, da diese eine Inkontinenz begünstigen können.
  5. Mindestens zwei Liter pro Tag trinken! Auf koffeinhaltige Getränke und Alkohol sollte dabei verzichtet werden.
  6. Regelmäßig Sport treiben. Sportarten, die die Beckenbodenmuskulatur entlasten sind ideal, wie Schwimmen, Yoga, Gymnastik oder Walking.

Weitere Informationen zu Harninkontinenz

Über Harninkontinenz wird im Allgemeinen nicht gesprochen, darum bieten Selbsthilfegruppen und natürlich Allgemeinmediziner oder Urologen fachliche Hilfestellungen oder im Falle der Ärzte, Therapien an. Spezielle Foren im Internet helfen mit Adressenmaterial beispielsweise für die Ansprechpartner zur Beckenbodengymnastik. Auch wenn es ein Tabuthema ist, bei Harninkontinenz sollte der Arzt des Vertrauens zurate gezogen werden.


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ICD-10: N39.3, N39.4, N39.40, N39.41, N39.42, N39.43, N39.47, N39.48 mehr Infos


Autor: FitundGesund Redaktion
Infos zum Autor: Medizinredakteure und Journalisten
Erstellt am: 19.01.2010
Überarbeitet am: 30.06.2020

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