Antihormontherapie (Interview mit OA Dr. Arik Galid)

Was ist eine Antihormontherapie, wie wird sie angewendet und wie hoch sind die Erfolgschancen? Diese und weitere Fragen beantwortet OA Dr. Arik Galid in diesem Interview.

Antihormontherapie Die Antihormontherapie hilft beim Kampf gegen hormonabhängigen Brustkrebs. (Foto by: Sewcream / Depositphotos)

FitundGesund.at: Wann wird eine Antihormontherapie benötigt?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Rund 70% aller Brustkrebspatientinnen haben einen hormonabhängigen Brustkrebs. Genau diese Patientinnen erhalten unmittelbar nach der Operation eine Nachbehandlung mit einer der antihormonellen Substanzen. Treten bei Patientinnen nach einer Brustkrebserkrankung Metastasen auf, welche hormonabhängig sind, so wird auch hier eine neue antihormonelle Therapie eingeleitet.

Was geschieht bei einer Antihormontherapie im Körper? Wie ist der Ablauf einer Behandlung?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Die Wirkungsweise der einzelnen Substanzen ist etwas unterschiedlich. Das Tamoxifen gehört zur Familie der SERMS (Selektiver Östrogen Rezeptor Modulator). Es setzt sich wie ein Schlüssel in das dazugehörige Schlüsselloch und verhindert dadurch kompetitiv ein Wachstum der Tumorzelle.

Die zweite Gruppe an Substanzen, die Aromatasehemmer, bewirkt, dass hormonelle Vorstufe aus der Nebenniere nicht mehr im Fettgewebe zu den weiblichen Hormonen umgewandelt werden und somit auch hier kein Tumorwachstum erfolgen kann, da somit das ernährende Substrat entzogen wird.

Wie wie lange dauert eine Behandlung durschnittlich?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Die Mindestbehandlungsdauer nach einer Operation beträgt 5 Jahre. Es gibt jedoch, alters- und risikoabhängig, einzelne Gruppen von Patientinnen, welche auch von einer Therapie über 7–10 Jahre profitieren. Bei metastasierten Patientinnen, läuft die Therapie so lange, so lange der Körper gut darauf anspricht und das Tumorwachstum gehemmt wird.

Was sind die Nebenwirkungen oder Risiken einer Antihormontherapie?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Die Nebenwirkungen sind für beide Substanzgruppen ähnlich. Am häufigsten treten Hitzewallungen und Schweißausbrüche auf. Die Aromatasehemmer können zusätzlich Gelenksbeschwerden verursachen. Manche Patientinnen leiden auch unter Gewichtszunahme unter Einnahme dieser Medikamente.

Das Tamoxifen kann, bei Patientinnen mit entsprechenden Risikofaktoren, die Wahrscheinlichkeit von Thrombosen erhöhen und zusätzlich auch in selten Fällen das Wachstum eines Krebses der Gebärmutterhöhle fördern.

Bringt die Antihormontherapie auch eine Lebensumstellung für die PatientInnen?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Ja, in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß. Patientinnen werden dazu angehalten, Medikamente für mindestens 5 Jahre zu nehmen, was natürlich vielen Damen nicht leicht fällt, da sie auch subjektiv den Eindruck haben, dass hierdurch vielleicht auch der biologisch vorgegebene und natürliche Alterungsprozess beschleunigt werden könnte.

Patienten/Pateintinnen sollten versuchen zu verstehen, dass sie nach der Operation gesund sind und diese Medikamente genommen werden müssen, um das Rückfallsrisiko zu senken.

Wie hoch sind die Erfolgschancen einer Antihormontherapie?

OA Dr. med. univ. Arik Galid:

Ganz ausgezeichnet. Zunächst Mal ersparen sich die Patientinnen in den meisten Fällen dadurch die Gabe einer Chemotherapie. Wird eine Antihormontherapie konsequent und entsprechend eingenommen, senkt sich das Rückfallsrisiko in einem hohen zweistelligen Prozentbereich, was für eine Krebstherapie sehr vielversprechende Zahlen sind.

Betrachtet man nur die Population der hormonabhängigen Brustkrebspatientinnen, so leben 97,5% nach einer durchschnittlichen Beobachtungsdauer von 5 Jahren. Hormonabhängiger Brustkrebs stellt somit insgesamt eine sehr gut behandelbare Krebserkrankung dar.

FitundGesund.at: Danke für das Interview!

OA Dr. med. univ. Arik Galid ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. In seiner Ordination fokussiert er sich auf die Betreuung von Patientinnen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung und onkologischen Nachsorge, der Schwangerschaftsbegleitung und bei akuten Beschwerden.


Bewertung: Ø 3,0 (8 Stimmen)

Autor: OA Dr. med. univ. Arik Galid
Infos zum Autor: https://www.theaurora.at/arzt/oa-dr-med-univ-arik-galid/
Erstellt am: 05.08.2020
Überarbeitet am: 26.12.2020

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