Vegane Ernährung (Interview mit Diätologin Karin Weingrill)

Die Zahl der Personen, die auf eine vegane Ernährung umsteigen und sich von pflanzlichen Lebensmitteln ernähren, ist stetig im Steigen und wird immer beliebter. Interessantes und Wissenswertes zu diesem Thema verrät uns Diätologin und ernährungsmedizinische Beraterin Frau Karin Weingrill, MA in diesem Interview.

Diätologin Karin Weingrill, MA Karin Weingrill, MA ist als Diätologin, Gesundheitsmanagerin und Achtsamkeitstrainerin tätig

FitundGesund.at: Frau Weingrill, was genau versteht man unter veganer Ernährung, was ist erlaubt und warum ist diese so populär?

Karin Weingrill, MA: Eine vegane Ernährung ist eine reine Pflanzenkost. Sie besteht aus frischem Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Getreide, Pseudogetreide, Nüssen, Samen, Kernen und hochwertigen Ölen.

Die vegane Ernährung gewinnt deshalb immer mehr an Popularität, weil immer öfters wissenschaftliche Studien veröffentlicht werden die bestätigen, dass eine Entwicklung hin zu mehr Pflanzenkost entscheidend ist für die Gesundheit der Menschen, für die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt sowie für das ökologische Gleichgewicht.

FitundGesund.at: Wie gelingt nun die Umstellung auf eine vegane Ernährung? Was sollten Personen beim Einstieg beachten? Wodurch können tierische Lebensmittel ersetzt werden?

Karin Weingrill, MA: Es ist wichtig, sich vorerst mit der veganen Ernährung auseinander zu setzen, sich wichtige Informationen darüber einzuholen bzw. ist es am besten, sich kompetent beraten zu lassen.

Sich vegan zu ernähren bedeutet nämlich mehr, als nur Fleisch, Wurst, Eier und Milchprodukte wegzulassen. Eine vollwertige Pflanzenkost ist gut zusammengestellt, sie ist bunt, abwechslungsreich und vielfältig.

Gerne möchte ich allen interessierten Leserinnen und Lesern mit diesen 8 Tipps den Einstieg in eine veganen Ernährungsweise erleichtern:

1. Sich der eigenen Motivationsgründe bewusst werden

Es gibt viele Motive sich vegan zu ernähren. Für die einen ist es die eigene Gesundheit, für die anderen stehen die ethischen Gründe und der Tierschutz im Vordergrund und anderen wiederum geht vor allem um die Umwelt und den Klimaschutz.

Was auch immer der Anlass ist, sich vegan ernähren zu wollen, es ist die eigene Entscheidung und die persönliche Motivation die zählt.

2. Sein eigenes Tempo bestimmen

Man muss nicht von heute auf morgen alles umstellen und sämtliche tierischen Produkte aus dem Kühlschrank werfen. Ein Anfang wäre ja, zukünftig keine mehr zu kaufen und diese durch pflanzliche Lebensmittel zu ersetzen. Am besten geht man es langsam an, Schritt für Schritt, ganz im eigenen Tempo.

3. Sich über die vegane Ernährung informieren

Je mehr man darüber weiß, welche Vorteile eine vollwertige pflanzliche Ernährungsweise mit sich bringt, umso besser gelingt es mit der richtigen Umsetzung. Informationen finden sich im Internet, in zahlreichen Büchern und Videos oder in einer persönlichen Ernährungsberatung.

4. Achtsam mit sich selbst sein

Der Einstieg in die Pflanzenwelt ist mit einer höheren Ballaststoffzufuhr verbunden. Werden mehr Vollkorngetreideprodukte, Salat, Obst und Gemüse gegessen, kann dies oftmals mit Blähungen und Völlegefühl einhergehen. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich die Mikroflora im Darm nicht so rasch an die neue Ernährungsweise anpassen kann.

In diesem Fall ist es ratsam, es langsam anzugehen, sich wirklich Zeit zum Essen zu nehmen, gut zu kauen und den Magen-Darmtrakt mit Anis- oder Fencheltee zu beruhigen.

5. Auf pflanzliche Entdeckungsreise gehen

Die Welt der pflanzlichen Nahrungsmittel ist vielfältig, bunt und abwechslungsreich. Wer sich darauf einlässt, wird erstaunt sein, wie viele unterschiedliche Getreide-, Gemüse- und Obstsorten wir zur Verfügung haben. Regionale, frische Bio-Produkte bekommt man direkt bei den heimischen Produzenten oder auch im Supermarkt - ein Vergleich der Lebensmittelpreise vor allem im Supermarkt, lohnt sich auf alle Fälle! Es beginnt eine spannende Entdeckungsreise!

6. Selbst kochen und kreativ sein

Es muss ja nicht gleich das perfekte 5-Gang-Menü sein! Viele Lieblingsrezepte lassen sich ganz einfach für vegane Gerichte umwandeln, beispielsweise nimmt man Soja-, Hafer- oder Reis-Cuisine anstatt Rahm oder Obers.

Eier sind oftmals nur wegen der gelben Färbung eine Zutat - mit etwas Kurkuma erhält man genau denselben Effekt. Viele Ideen und Tipps für die Zubereitung von veganen Speisen gibt es online und in zahlreichen Kochbüchern. Vegan kochen macht Spaß!

veganes_kochen Wenn man selbst kocht, kann man ruhig ein wenig kreativ sein. (Foto by: AndrewLozovyi / Depositphotos)

7. Lass dich belächeln und lächle zurück

Wenn das eigene Umfeld auf die Entscheidung, vegan zu essen, mit Witzen und ach so lustigen Sprüchen reagiert, nimm man es am besten mit Humor! Diskussionen und Überzeugungsarbeiten bringen meist nichts. Allein durch das Vorleben des veganen Lebensstils werden Freunde und Bekannte viel mehr beeinflusst als man glaubt.

8. Gleichgesinnte finden

„Gleich und Gleich gesellt sich gern“. Besonders am Anfang ist es vorteilhaft, sich mit anderen Veganerinnen und Veganern auszutauschen und zu vernetzen. Dies kann über Social Media Kanäle, wie Facebook & Co, passieren oder bei den regionalen veganen Stammtischen.

FitundGesund.at: Wie profitiert die Gesundheit davon? Welche Vorteile ergeben sich durch diese Ernährungsform?

Karin Weingrill, MA: Zahlreiche Studien belegen, dass eine vollwertige und gesunde vegane Ernährung vielerlei gesundheitlicher Vorteile mit sich bringt, nehmen VeganerInnen ja überdurchschnittlich viele Antioxidantien, sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Ballaststoffe auf, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken.

Insbesondere die hohe Aufnahme an sekundären Pflanzenstoffen stärkt das Immunsystem und beugt vielen Erkrankungen vor. So haben VeganerInnen durchschnittlich einen niedrigeren BMI, sind also weniger übergewichtig, und haben, im Vergleich zu Fleischessern, seltener Diabetes oder  sonstigen Stoffwechselerkrankungen. Auch bei Tumorerkrankungen und der allgemeinen Sterblichkeit schneiden VeganerInnen besser ab.

FitundGesund.at: Immer wieder liest und hört man, dass ein Gewichtsverlust mit einer veganen Ernährungsform leichter gelingt. Stimmt das und wie gelingt der Abnehmerfolg?

Karin Weingrill, MA: Eine vegane Ernährung ist perfekt geeignet den überschüssigen Fettpölsterchen den Kampf anzusagen – pflanzliche Produkte sind durchschnittlich kalorienärmer, enthalten aber gleichzeitig mehr Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und Vitalstoffe als Fleisch, Wurst, Käse & Co.

Allerdings bringt auch eine vegane Ernährung nicht den gewünschten Erfolg, wenn man häufig stark verarbeitete Produkte kauft oder wenn die Lebensmittelauswahl zu einseitig ist. Nur eine vollwertige und abwechslungsreiche Pflanzenkost mit natürlichen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, kombiniert mit ausreichend Bewegung sowie genügend Schlaf und Zeit für Entspannung, ist der richtige Weg zum Wunschgewicht und fördert so auch das Wohlbefinden und die Gesunderhaltung.

eine ausgewogene vegane Ernährung Eine ausgewogene, vegane Ernährung kann beim Abnehmen helfen, ersetzt aber keinen Sport und Erholung (Foto by: studioM / Depositphotos)

FitundGesund.at: Gibt es Nachteile, die sich durch eine vegane Ernährung ergeben können? Wie sieht es mit der Nährstoffversorgung, besonders mit dem relevanten Vitamin B12, aus?

Karin Weingrill, MA: Eine vollwertige vegane Ernährung ist reich an Vollkornprodukten, frischem Gemüse und Obst, den wichtigen Eiweißlieferanten wie Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen sowie an guten Ölen.

Werden Produkte verwendet, die nicht oder nur wenig verarbeitet sind, dann kann man mit einer pflanzlichen Ernährung nur profitieren. Einzig ein Mikronährstoff, das Vitamin B12 , muss mit einem B12-Präparat oder mit einer Vitamin B12 haltigen Zahnpasta zugeführt werden. Zusätzlich ist, wie auch bei anderen Ernährungsformen, besonders in den Wintermonaten auf eine ausreichende Vitamin D Zufuhr zu achten.

FitundGesund.at: Wie passt diese Ernährungsform mit dem Thema Sport zusammen? An welche Regeln sollte man sich dabei halten?

Karin Weingrill, MA: Viele bekannte Sportler zeigen uns, dass Veganerinnen und Veganer alles andere als kraftlos sind. So beweisen Novak Djokovics und Venus Williams am Tennisplatz erfolgreich ihre Leistungsfähigkeit und Patrik Baboumian präsentiert seine veganen Muskeln im Kraftsport.

Spitzensportler und auch Hobbysportler müssen allerdings ihre vegane Sporternährung gut planen, um den Körper fit und stark zu halten. Dazu ist es vor allem wichtig, die Kalorienzufuhr dem erhöhten Energiebedarf anzupassen sowie den Mehrbedarf an ausgewählten Nährstoffen und Vitalstoffen für Leistung und Regeneration abzudecken.

Kontaktdaten zu Diätologin Frau Karin Weingrill, MA finden Sie .


Bewertung: Ø 4,2 (14 Stimmen)

Autor: MA Karin Weingrill
Herkunft: 7431 Bad Tatzmannsdorf
Infos zum Autor: Diätologin | Gesundheitsmanagerin | Achtsamkeitstrainerin
Erstellt am: 04.09.2019
Überarbeitet am: 03.08.2022

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